Nachdem ich euch letztens mein Latein-Tanzkleid gezeigt habe ist heute das Standard-Kleid dran. Die sind für gewöhnlich länger, irgendwo zwischen über-knie- und fast bodenlang. Hierzu hätte ich eigentlich eine Regel in den kuriosen Regularien erwartet, nicht kürzer als X, Latein nicht länger als Y oder so, aber nein, dazu gibt’s natürlich nichts, nur Hörensagen und „also ein bisschen länger wäre schon besser“.
Ich hab mich also nach langem hin und her überlegen für fast bodenlang entschieden, aber dann ist ja noch das Problem, dass der Rock auch weit genug sein muss, dass man darin ausladende Schritte machen und der Partner einem zwischen die Füße treten kann. Ein Tellerrock erschien mir dann aber doch wieder zu voluminös, da hätte ich mich wahrscheinlich in dem Fall nur im Stoff verheddert. Außerdem wollte ich gerne ein Kleid in Wickeloptik ohne Mittelnaht, also ohne separat angesetzten Rock.
Das war dann irgendwie gar nicht so einfach zu bewerkstelligen mit der gegebenen Stoffbreite und dem gewünschten Saumumfang, deshalb ist der Rock auch etwas asymmetrisch geworden. Im Nachhinein wäre es vielleicht doch besser gewesen, mehr Nähte in Kauf zu nehmen, aber hinterher ist man ja immer schlauer. Hier sieht man übrigens auch ganz gut, was ich damit meinte, dass der Stoff ziemlich knittert.
Überhaupt war hier einiges an Konstruktion involviert, weil ich nicht nur eine Wickeloptik wollten, sondern das Ganze mit Querfalten noch etwas interessanter gestalten wollte. Sieht wahrscheinlich auf dem Parkett eh keiner, aber nun denn…
So habe ich jedenfalls vorne und hinten je 4 schräg verlaufende Falten ins Oberteil konstruiert und vorne dann auch noch mal 2 im oberen Bereich des Rocks. Die habe ich dann mehrere Turniere später auch endlich per Hand mehr oder weniger unsichtbar festgenäht, damit sie nicht immer hocklappen. Insbesondere hinten hätte ich mir das Gefalte allerdings auch sparen können, denn das sieht finde ich im Endeffekt nur zerknittert aus und die meiste Zeit sieht man es sowieso nicht. Dafür gefällt es mir von vorne gut, und wie gesagt: hinterher ist man immer schlauer.
Selbiges gilt übrigens auch für diesen Tanzverein an sich. Ich hab ja neulich schon erwähnt, dass da einiges im Argen liegt, aber dieses Jahr war es dann auch nicht viel besser. Meine Partnerin war zwar lieb und nett, aber vor dem ersten Turnier find dann Miss Teamcaptain an, dass wir doch am besten bitte alle eine Art Team-Uniform für die Turniere kaufen sollten, am liebsten komplett schwarz und ggf. einen blauen Gürtel, oder notfalls ein schwarzes Top und einen blauen Rock oder so. Da blau die Teamfarbe ist macht das ja gewissermaßen noch Sinn, aber eine Uniform? Auch noch komplett schwarz? In einem Sport, wo auffallen quasi die halbe Miete ist? Noch dazu, wenn die meisten ohnehin schon Turnierklamotten haben? Und Miss Teamcaptain selbst ein rotes Latein-Kleid trägt? Na danke auch! Da haben meine Partnerin und ich intern schon Alarm geschlagen und ich musste mir dann tatsächlich erstmal bestätigen lassen, dass ich meine extra hierfür frisch selbstgenähten Kleider, die ich bis dato genau einmal angehabt hatte, auch weiterhin tragen durfte.
Dem war dann glücklicherweise auch so, sonst wäre ohnehin die Hölle los gewesen, aber wie gesagt, das änderte leider nichts daran, dass der Trupp alles in allem trotzdem ein Saftladen ist. Meine Partnerin und ich waren gleichermaßen frustriert und angepisst über den fehlenden Input, denn die meiste Zeit tanzten wir nur durch den Raum und bekamen doch keine Rückmeldung, Verbesserungsvorschläge oder irgendetwas, was man von einer Lehrstunde eigentlich erwarten würde. (Ich habe mir dementsprechend oft vorbehalten, den „Tanzunterricht“ nicht zu bezahlen, da ich ja nicht unterrichtet wurde sondern nur so vor mich hin übte – und das hätte ich genau so gut woanders machen können.) Daran hatte sich also seit dem Vorjahr nichts geändert… Überraschung. Noch besser wurde das Ganze natürlich, als meine Partnerin dann für eine Weile für eine Fortbildung weg musste und nicht zum tanzen kommen konnte – ergo tanzte ich alleine vor mich hin und wurde erst Recht ignoriert. Für zwei Turniere habe ich mir dann quasi „Blind Dates“ von anderen Unis organisiert, die ich erst am Tag des Turniers kennen lernte.
Bei dieser Dame aus Leicester hat das gut geklappt, ich habe vorher per YouTube ihre Schrittfolgen gelernt (Ja, ihr Team hat sowas nützliches online gestellt!) und wir haben uns blendend verstanden, bei einem Herren aus Durham lief das leider nicht so gut. Nicht nur war er ein ziemlich besserwisserischer Meckerheini, nein, er meinte auch, wir könnten die Schrittfolgen ja am Tag des Turniers zusammen aus dem Ärmel schütteln, wollte dann aber im Endeffekt doch, dass ich seine Schritte tanze und war genervt, wenn ich nach so kurzer Zeit und ohne Übung eben doch mal was vergaß (oder seine „Führkünste“ unklar waren). Noch dazu, wo ich zu diesem Zeitpunkt schon 1 oder 2 Wochen nicht mehr getanzt hatte, weil ich die Nase von dem Saftladen gründlich voll hatte.
Nachdem ich in der Technikstunde vor dem Turnier mit dem Blödmann nämlich trotz ingesamt 7 Teilnehmern konsequent ignoriert worden war und die ganze Stunde lang alleine vor mich hingetanzt hatte, während die 2-3 Lehrer sich intensiv mit den 3 Paaren beschäftigen, hatte ich dann nämlich auch endlich endgültig den Schlussstrich gezogen, bin nicht mehr hingegangen und habe mich von den Lehrer ferngehalten.
Mit der geliehenden Partnerin aus Leicester bin ich dann allerdings trotzdem noch zum „großen Turnier“ nach Blackpool gefahren, notgedrungen eben mit „meinem Team“ in einem Bus. Das ist quasi die Nationalrunde der Unis, wo dann auch mal die südlichen und nördlichen Kreise aufeinander treffen und natürlich unter dem Schirmverein, der auch die dämlichen Regeln macht. Also falls sich jemand fragt, wie’s so im Innern der Blackpool Wintergardens aussieht, das ist einer der Ballsäle und das Bild weiter oben zeigt meine „Leihgabe“ und mich im Flur (!) auf dem Weg zur sogenannten „Spanish Hall“, ein weiterer, kleinerer Ballsaal, der ziemlich cool dekoriert ist.
Unter anderem da es zuvor auch zwischen Miss Teamcaptain und mir nochmal zum Eklat kam und weil „mein Team“ mich mit fremden Partnern ohnehin nicht anfeuerte und ich von diesem ganzen Getue die Nase voll hatte habe ich mich dann auch den ganzen Tag bei meiner Partnerin und dem überaus netten Team Leicester aufgehalten. Da hatte ich mittlerweile nämlich auch schon ein paar Freundschaften geschlossen, und ohnehin stellte sich das spätestens dann als gute Entscheidung raus, als in der Facebook-Teamnachricht die Mobbingkeule ausgepackt wurde und bekanntgegeben wurde, dass es einen pink glitzernden Cowboyhut gebe, den ab jetzt immer derjenige mit dem wenigsten „Teamspirit“ (anfeuern und so weiter, was ja eh immer nur sporadisch passierte) aufgesetzt bekomme und der dann am Abend der Person, die den ganzen Tag über den wenigstens Teamgeist gezeigt habe, als „Tagespreis“ für die Verwahrung zur Nacht übergeben werde. So nett die meisten Leute sonst normalerweise auch waren, da hätte ich dann echt kotzen können.
Aber ich hatte es ja gut bei Leicester, habe ich eben mit meiner Leihgabe rumgeblödelt 😀 (Bei diesem interessant geschnittenen Teamkleid konnte ich mir diese Miene echt nicht verkneifen!) und hatte einen schönen Tag mit einem anderen, tollen Team. Das hat mich übrigens sogar zu seinem Jahresabschlussball eingeladen (Das war dann sogar das 3. Mal, dass ich sie besucht habe.) und mir und einem anderen ausgeliehenen Herren je eine Ehrenmedaille dafür verliehen, dass wir für ihr Team getanzt haben! So viel zum Thema Wertschätzung, nicht wahr? Die einen verteilen mobbende Glitzerhüte, die anderen verleihen Medaillen… Irgendwie dünkt mir, dass eine Partei da die Essenz des Teamgeists und vor allem der Teambildung besser verstanden hat.
Aber zurück zum Kleid, das Ballkleid oben ist zwar auch selbst gekürzt, aber dennoch gekauft. Beim Tanzkleid hingegen kann ich euch noch ein Detail zeigen, das man auf den Fotos schlecht sieht, das mir aber mit am besten gefällt. Übrigens gar nicht so leicht zu fotografieren.
Diese Verrenkung ist ja dann schon fast künstlerisch geworden, dabei wollte ich nur die Raffungen an den Schultern festhalten. Die habe ich nämlich absichtlich etwas weiter zugeschnitten und dann eben mit Gummiband zusammengerafft um da noch ein bisschen Struktur reinzubringen. Das lässt sich natürlich unbedeutend leichter fotografieren, wenn man das Kleid nicht gerade an hat.
Ein anderer Aspekt des Turniertanz, abseits der kurios-strikten Kleiderordnung und der Tatsache, dass man ohne gescheite Lehrer natürlich nicht vorankommt, den ich nicht vermissen werde ist übrigens die Sache mit dem Selbstbräuner, den geschniegelten Haaren und dem Make-up. Anscheinend ist es auch noch ungeschriebenes Gesetz, dass man auf der Tanzfläche bitte wie eine in den Farbtopf gefallene Karotte auszusehen hat, denn blass geht ja gar nicht, da reflektiert man ja das Licht und sieht aus wie ein Geist (Na und?! BUH!) und die Haare haben offenbar auch wie festzementiert zu sitzen, denn lose, lockere oder gar abstehende Haare sind ja ein schändliches Zeichen des Schlampertums. Stimmen wir alle zu, nicht wahr? Was ist denn so schlimm daran, wenn die Haare ein bisschen mitschwingen und die Energie des Tanzens versprühen? Solche dämlichen Regeln können einem echt den ganzen Spaß an der Sache verderben…
So musste sogar ich schlussendlich klein beigeben und meinen Pony mit unsäglichen Mengen Haargel, – spray und -nadeln (mit selbstklebenden Glitzersteinchen-Dekobändern von Poundland dekoriert) zu bändigen versuchen, da ich zusehends dazu gebracht wurde, mir mit offenem Pony deplaziert vorzukommen. Es hat allerdings ein bisschen gedauert, bis ich dafür die richtige Technik gefunden hatte und nicht mehr nach dem letzten Einhorn aussah, denn bei meinem kurzen Pony ist das gar nicht so einfach. Auch das Endergebnis hält kritischen Augen oder Profis vermutlich nicht Stand, aber ich habe schlichtweg keine Lust, mir eine Tonne Haargel in die Haare zu schmieren, das ich schon ausschließlich für Tanzturniere gekauft habe, weil ich sowas sonst grundsätzlich nicht benutze. Immerhin hatte ich dann nach dem Turnier das Glück, meinen Zimmergenossinnen nach Ewigkeiten endlich den Schlüssel abschwatzen und so als erste duschen und vor allem den Glibber aus meinen Haaren waschen zu können. Die zweite hatte nämlich natürlich, typisch englisches Problem, schon kein heißes Wasser mehr.
Selbst beim Selbstbräuner habe ich schließlich zähneknirschend klein bei gegeben, vielleicht in der vagen Hoffnung, damit unsere tänzerischen Chancen etwas zu erhöhen, denn offensichtlich kommt es ja auf die Präsentation an – aber auch nur, weil Superdrug abwaschbaren Instant-Selbstbräuner für £1 im Abverkauf hatte. Neben der Tatsache, dass ich ohnehin nicht das Bedürfnis hege, braun zu werden/sein und meine noble Kellerblässe gerne mag, hatte ich nämlich auch keine Lust, dann Montag noch als Karotte auf die Arbeit gehen zu müssen. Im Endeffekt bin ich natürlich selbst mit Selbstbräuner noch blasser als die meisten anderen im Naturzustand, aber man muss es ja auch nicht übertreiben. So wie meine andere Zimmergenossin zum Beispiel, die uns sehr zu unserem Leidwesen am Vorabend davon abhielt, endlich zu schlafen, weil sie sich noch eine gute Stunde lang von ihrem Freund im Bad das „Loch im Selbstbräuner“ flicken lassen musste. Wer’s glaubt…
Und dann braucht man ja zur falschen Bräune theoretisch auch noch die „passende“ zu dunkle Foundation… da konnte ich immerhin noch eine zuhause aus dem Schrank fischen, denn zu dunkle Foundations zu finden ist ja für mich eher kein Problem. Meine Freude darüber, sie zu tragen, könnt ihr allerdings wohl diesem Bild entnehmen… Ich fühle mich damit ungefähr so, wie die Farbkorrektur mich unten rechts sieht. Außerdem erinnere ich mich mit dieser Grimasse und dem abstehenden Pony (schließlich muss die Stirn ja auch angemessen karottiert werden) ein bisschen an einen Kakadu… Oder den Adler von den Muppets.
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